Unser Leben hat sich in den letzten Monaten rasant verändert, so rasant wie ich es noch nie erlebt habe – ich bin nach dem Krieg geboren. Ich nenne einige Schlagzeilen aus der Presse.
Wir werden uns wundern, wenn die Krise vorbei ist.
Matthias Horx: Die Welt wie wir sie kennen, löst sich gerade auf. Aber dahinter fügt sich eine neue Welt zusammen, deren Formung wir zumindest erahnen können. Wir müssen alle lernen, mit der Unsicherheit zu leben.
Kein Abschied von den Liebsten.
Nur mit Kittel, Mundschutz und Brille darf man eine Covid-Station betreten.
Achtmal war ich in der Covid-Station der Uniklinik Essen, als meine Eltern dort lagen.
Ich musste meine Mutter mit Gummihandschuhen segnen kurz bevor sie starb.
Ist Isolation für die Schwächsten überhaupt zumutbar?
Vor mir ein Foto: Mutter und Tochter, dazwischen Plexiglas, in einem Seniorenhaus:
Ist dieses Miteinander auch für einige Monate gangbar?
Demokratie und Corona
Sagt die Wahrheit, kämpft um Vertrauen – rät ein Journalist Politikern. Politisches Taktieren darf das Handeln nicht bestimmen. Wo Populisten regieren, herrscht meist erschütternde Inkompetenz: Zensur, Einschüchterung, Staatsbrutalität – antidemokratische Systeme werden in Corona-Zeiten noch rigoroser.
Wirtschaft und Corona: So wie früher wird es nicht mehr werden
Wir stehen an einer Wendemarke:
Weniger Verkehr aufgrund der Corona-Maßnahmen ist einer der Faktoren für den Rückgang der CO2-Emissionen. Die täglichen globalen CO2-Emissionen sind im Vergleich zum Vorjahr um etwa 17 Prozent gesunken.
Nur noch sieben Äpelsorten gibt es in den Supermärkten …
Die Arbeits- und Wohnverhältnisse in der Fleischindustrie sind verheerend …
Die EU-Kommission will die europäische Landwirtschaft nachhaltig reformieren. Die neue Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ soll ein Kernbestandteil des sogenannten „European Green Deal“ sein
Frankreich unterscheidet z.B. zwischen unterschiedlich betroffenen Gebieten und richtet dort Grenzen ein. Die alten nationalen Grenzen werden unwichtig.
Ja die Krise bringt manches ans Licht! Das war schon in der alten Welt so.
Inspirierend finde ich einen Text aus dem Johannesevangelium, Johannes 3, 19 – 21
19 Das ist aber die Krise, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. (= phaulos)
20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden.
21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind.
Wir sind gewohnt zu hören:
19 Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist.
Im griechischen Urtext steht aber das Wort: „Krisis“
Unter Krise versteht man eine Zuspitzung, eine zugespitzte Situation, einen Wendepunkt, an dem sich etwas entscheidet: Wie geht es weiter? Wie wird die Zukunft aussehen?
Interessant ist, dass ein Zusammenhang zwischen Krise und Licht hergestellt wird.
Die Krise bringt Licht ins Dunkle. Die Krise fördert Verborgenes zutage. Die Krise hellt Lebensverhältnisse auf.
Das wird auch in den folgenden Sätzen deutlich:
Die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht.
20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden.
21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind.
Das könnte auch eine Kriminalkommissarin oder ein Steuerfahnder sagen:
Der Dieb agiert im Dunkeln, er mag das Helle nicht. Der Steuerhinterzieher agiert im Verborgenen, in der Ferne, er mag die Öffentlichkeit – zumindest bei diesem Geschäft – nicht.
Die Krise bringt Licht ins Dunkle. Sie deckt bisher Verborgenes auf:
Fulbert Steffenski hat in diesen Tagen gefragt: Haben wir den Corona-Virus zum Götzen gemacht, vor dem wir Angst haben, den wir anbeten? Oder vertrauen wir weiter Gott, der das Leben letztlich fördert?
Ich habe mühsam Videounterricht in der Diakonenausbildung gelernt.
Unsere Gemeinde hat gelernt, eigene Livestream-Gottesdienste zu gestalten.
Das ist aber noch nicht alles: Es gibt noch einen Satz vor unserem Text. Und der wirft noch wieder ein neues Licht auf das Ganze:
18 Wer an ihn – Christus – glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er hat nicht geglaubt an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.
An ihn zu glauben heißt: Die Welt und ihre Krisen aus einer anderen Perspektive zu sehen:
Damit hat er manchen billigen Machterhalt desavouiert und manchem Isolierten Nähe und Zuversicht geschenkt.
Trauen wir uns ihm nachzufolgen, in seine Perspektive zu gehen?
„Das aber ist die Krise, dass das Licht in die Welt gekommen ist…“ Von diesem Licht lebt das Leben. An diesem Licht wärmt sich das Leben. An diesem Licht können wir uns immer wieder orientieren.